KULA – Gemeinschaft als Praxis
Yoga ist mehr als Bewegung. Mehr als Dehnung. Mehr als ein Lifestyle mit Räucherstäbchen und Matten aus Naturkautschuk.
Yoga ist Verbindung – zu dir selbst, zu deinem Körper, deinem Atem. Und manchmal, wenn wir Glück haben, auch zu anderen Menschen.
In der Tradition des Yoga gibt es ein Wort für diese Verbindung, die über uns selbst hinausgeht:
Kula.
Ein Kreis von Menschen, die aus freien Stücken zusammenkommen – nicht durch Blutlinie, Herkunft oder Status verbunden, sondern durch ein geteiltes Suchen.
Keine Clique. Kein exklusiver Zirkel.
Sondern ein lebendiger Raum der Zugehörigkeit.
Vielleicht ist das das schönste Versprechen, das Yoga uns machen kann: Du musst nicht allein gehen.
Denn wir leben in einer Zeit, in der Gemeinschaft nicht mehr selbstverständlich ist.
Zwischen Selbstoptimierung und Rückzug, zwischen digitalen Bubbles und echtem Kontakt, wächst in vielen von uns eine leise Sehnsucht: nach Verbundenheit.
Nach einem Ort, an dem wir nicht leisten, sondern einfach sein dürfen.
Ein sicherer Ort im Trubel des Alltags.
In einer Welt, in der alles bewertet wird – wie du aussiehst, was du verdienst, ob du „dazugehörst“ – wirkt ein echtes Kula wie ein Gegenentwurf.
Ein Raum, in dem niemand perfekt sein muss.
In dem jemand deine Matte neben seine legt, ohne zu fragen, ob du vegan bist oder spirituell genug.
Ein Raum, in dem du mal laut lachst, mal still bleibst. In dem du auf der Matte landest – mit deinem ganzen Leben im Gepäck.
Und weißt: Ich darf hier sein. So wie ich bin.
„Kula ist das, was sich bildet, wenn Menschen gemeinsam wachsen – nicht weil sie gleich sind, sondern weil sie sich gegenseitig Raum geben.“
– Judith Hanson Lasater
Kula ist kein Safe Space – sondern ein lebendiger Raum
In der tantrischen Philosophie ist Kula mehr als ein soziales Phänomen. Es ist Ausdruck einer kosmischen Idee:
Dass alles mit allem verbunden ist. Dass Vielfalt kein Störfaktor, sondern Ausdruck des Ganzen ist.
Im Kularnava Tantra, einem zentralen Text der tantrischen Lehre, heißt es:
„Wo Gleichgesinnte zusammenkommen, um die Wahrheit zu suchen, da entsteht Kula.“
Gerade deshalb ist Kula so aktuell:
In einer Welt, in der Zugehörigkeit oft über Ausgrenzung funktioniert – über „wir hier“ und „die da“ – braucht es Räume, die diese Trennung nicht mitspielen.
Come as you are – und bleib nicht stehen
„Come as you are“ – das ist unser Leitspruch bei Urban Yoga. Nicht als Werbesatz. Sondern als Haltung.
Es heißt: Du musst nichts werden, um dazuzugehören. Du darfst kommen, wie du bist – müde, wütend, neugierig, verletzt, glücklich.
Und gleichzeitig heißt es auch:
Komm – und bleib nicht stehen. Lass dich berühren. Lass dich irritieren. Lass dich bewegen – innerlich wie äußerlich.
Denn echte Gemeinschaft entsteht nicht durch Gleichklang, sondern durch Interesse am Anderen.
Ein Manifest der Offenheit
Ein Text, der uns immer wieder daran erinnert, worum es in dieser Praxis wirklich geht, beginnt so:
“Yoga ist es egal, wann du das letzte Mal geübt hast – gestern, vor sechs Monaten, niemals.
Yoga ist es egal, welche Matte du hast, wie du aussiehst oder was du über Spiritualität denkst.
Yoga ist einfach glücklich, dass du auftauchst.”
Diese Worte – ursprünglich von einer amerikanischen Lehrerin formuliert – haben inzwischen viele Menschen erreicht. Vielleicht, weil sie uns auf liebevolle Weise konfrontieren:
Mit dem Maß, das wir an uns selbst und an andere anlegen. Mit der Idee, dass wir erst „etwas sein“ müssen, bevor wir dazugehören dürfen.
Kula stellt genau das in Frage. Es lebt von der Bereitschaft, Räume offen zu halten – für Zweifel, Stille, Ausprobieren, Anderssein.
„We’re all just trying to find our way home – and sometimes we help each other along the path.“
Kula entsteht nicht auf Knopfdruck
Du kannst Kula nicht planen. Nicht festlegen. Es entsteht. In der Wiederholung. Im Vertrauen. Im Dabeibleiben.
Wenn du in ein Studio kommst, zum dritten, fünften, siebten Mal – und plötzlich erkennst du ein Gesicht wieder.
Wenn jemand neben dir atmet, ohne zu sprechen, aber du spürst: Ich bin nicht allein.
Dann ist da vielleicht Kula.
Ein bisschen. Für einen Moment.
Und manchmal reicht das schon.
„Inmitten all der Zerbrechlichkeit liegt unsere größte Stärke: Dass wir uns aufeinander beziehen können.“
Eine kleine Einladung – für dich, wenn du magst
Vielleicht magst du dir einen Moment Zeit nehmen. Einen Tee machen. Dich hinsetzen.
Und dich fragen:
🌿 Reflexionsimpuls
Wann habe ich mich zuletzt wirklich zugehörig gefühlt?
Was hat mir dieses Gefühl gegeben – war es etwas Sichtbares? Oder eher etwas ganz Leises
In welchen Momenten ziehe ich mich zurück – obwohl ich mich eigentlich danach sehne, Teil zu sein?
Und umgekehrt: Was kann ich tun, damit sich andere willkommen fühlen?
Vielleicht magst du diese Gedanken notieren. Oder einfach ein paar Minuten damit sitzen.
Nicht um Antworten zu finden. Sondern um dir zu erlauben, zu spüren, was in dir mitschwingt, wenn du das Wort Kulahörst.
Denn manchmal beginnt echte Gemeinschaft nicht im Außen –
sondern im ersten Schritt, den wir uns selbst gegenüber tun.
„May you listen to your longing to be free. May you arise each day with a voice of blessing whispering in your heart… May you find a harmony between your soul and your life.“